Neue Erkenntnis bei der Insolvenzanfechtung – Der Gläubiger ist nicht allwissend

Bisher war es für den Insolvenzverwalter recht leicht, Gelder von Lieferanten und Geschäftspartnern des insolventen Schuldners zurückzuverlangen. Sei es Zahlungen auf Warenlieferungen oder Raten des Schuldners auf Zahlungsrückstände. Häufig reichte bereits ein vergeblicher Vollstreckungsversuch und/oder schleppende Zahlungen des Schuldners.

Damit ist jetzt Schluss. Wie bereits in unserem Blog berichtet, hat der BGH mit Urteil vom 06.05.2021 (Az. XI ZR 72/20) eine neue Linie in seiner Rechtsprechung zur Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO eingeläutet.

Zwischenzeitlich sind zu diesem Thema weitere Urteile des BGH wie auch anderer Gerichte ergangen. Das Urteil ist also keine Eintagsfliege geblieben. Die Position der betroffenen Gläubiger als Anfechtungsgegner hat sich verbessert. Der Insolvenzverwalter hat also nicht mehr so ein leichtes Spiel wie früher.

Zwar kann er nach wie vor mit gesetzlichen Vermutungen arbeiten. Dagegen kann man sich aber jetzt besser wehren. Ein Ansatzpunkt aus der neuen Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 10.02.2022, IX ZR 148/19) vereinfacht dargestellt zur Verdeutlichung:

Bisherige Rechtslage:

Häufiges, bisher oft nicht erfolgreiches Argument von Gläubigern: Der Schuldner hat sich nach der im Fokus stehenden Zahlung an den Gläubiger finanziell wieder erholt. Er war tatsächlich also gar nicht zahlungsunfähig, sondern hatte nur einen vorübergehenden Zahlungsengpass. Genau das musste der Gläubiger bislang anhand konkreter Fakten darlegen und auch beweisen. Er musste also nachweisen, dass nicht nur seine Forderungen bedient wurden, sondern der Schuldner auch zumindest den wesentlichen Teil der anderen offenen Forderungen bezahlt hat. Häufig ein Ding der Unmöglichkeit.

Neue Rechtslage:

Zu Recht sagt nun auch der BGH, dass damit dem Gläubiger als Anfechtungsgegner in vielen Fällen Unmögliches abverlangt wird. Er kennt häufig nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber. Daher kommt der BGH dem Gläubiger nun entgegen: Es muss nur ein Umstand vorliegen oder vom Gläubiger bewiesen werden, der eine Wiederaufnahme der Zahlungen im Allgemeinen als möglich erscheinen lässt. Also die Möglichkeit reicht aus! Dann muss der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen, dass der Schuldner trotzdem weiterhin zahlungsunfähig war.

Es lohnt sich, die Aspekte der vielen neuer Entscheidungen zu analysieren. Das verbessert die Erfolgschancen. Genau dafür sind wir da. Gerne auch für Sie.

Advosolve Fachanwaltskanzlei, 07.06.2022

Mannheim, Karlsruhe, Heidelberg