Fokus Gesellschaftersicherheiten: Verjährte Bürgschaften sind nicht immer erledigt

Fragen Unternehmen bei ihrer Bank nach einem Kredit, fordert diese üblicherweise die Stellung einer Sicherheit z.B. in Form von Abtretung von Außenständen. Häufig müssen auf Anforderung der Bank nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch Gesellschafter des Unternehmens eine Sicherheit stellen, damit das Unternehmen den benötigten Kredit bekommt. Dies geschieht oft in Form einer Bürgschaft.

Banken wachen sorgsam über ihre Sicherheiten. Trotzdem passiert es auch hier, dass Forderungen der Bank gegenüber einem Gesellschafter aus einer solchen Bürgschaft verjähren. Das mag auf den ersten Blick positiv sein. Im Falle einer Insolvenz können trotzdem Ansprüche des Insolvenzverwalters bestehen.    

Hierzu folgender, vom BGH am 09.12.2021 (Az. IX ZR 201/20) entschiedener Fall:

Eine GmbH hatte von einer Bank ein Darlehen gewährt bekommen. Die GmbH trat der Bank zur Sicherung ihrer Ansprüche im Rahmen eines Globalzessionsvertrages (näher bezeichnete) Außenstände ab. Außerdem verpflichtete sich der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH der Bank gegenüber aus einer Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 €.

Die GmbH geriet in finanzielle Schieflage. Am 07.11.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Bank nahm den Bürgen in Anspruch. Dieser zahlte in der Zeit vom 30.08.2012 bis 20.02.2013 an die Bank rund 144.000 €. Der Insolvenzverwalter kehrte an die Bank Mitte 2018 aufgrund der Globalzession (Abtretung von Außenständen) von rund 30.000 € aus. Diese 30.000 € wollte der Insolvenzverwalter vom Gesellschafter dann erstattet haben.

Er hat daher dem Gesellschafter gegenüber eine Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO erklärt. Seine Begründung: Der Gesellschafter sei in Höhe der Zahlung der Gesellschaft (Insolvenzmasse) gegenüber der Bank aus seiner Bürgschaftsverpflichtung „frei“ geworden. Dies sei auf Kosten der anderen Gläubiger geschehen. Spiegelbildlich betrachtet wurde nämlich der Gesellschafter durch die Zahlung aus der Insolvenzmasse, sprich dem Vermögen der Gesellschaft, von seiner persönlichen Zahlungspflicht als Bürge in Höhe dieser Zahlung frei.

Der Gesellschafter wehrte sich unter anderem damit, dass die Bank von ihm keine weiteren Zahlungen aus der Bürgschaft mehr verlangen kann, da deren Anspruch aus der Bürgschaft verjährt sei. Sie könne von ihm keine weitere 30.000 € mehr verlangen. Die Verjährung müsse auch im Verhältnis zwischen ihm und dem Insolvenzverwalter gelten. Es könne nicht sein, dass er zwar gegenüber der Bank nicht mehr hafte, der Insolvenzverwalter dann aber „sozusagen über die Hintertüre“ ihn wegen der Bürgschaft doch noch zur Zahlung heranziehen könne.

Die Bürgschaftsforderung war nach den vereinbarten Bedingungen tatsächlich Ende 2017 verjährt, also lange nach Insolvenzeröffnung und vor Auszahlung der Gelder durch den Insolvenzverwalter an die Bank. Geklagt hatte der Insolvenzverwalter nämlich erst im Oktober 2018.   

Der BGH hat dem Insolvenzverwalter trotzdem Recht gegeben. Dem Insolvenzverwalter steht in einem solchen Fall ein Erstattungsanspruch aus Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO gegenüber dem Gesellschafter zu. Laut BGH kommt es gerade nicht darauf an, aus welchen Gründen der Gesellschafter aus seiner Sicherheit (hier Bürgschaft) zulasten der Sicherheit des Unternehmens frei geworden ist. Entscheidend ist nach BGH allein, dass durch die Verwertung der Sicherheit des Unternehmens (an die Bank abgetretene Außenstände) die Sicherheit des Gesellschafters (hier Bürgschaft) frei geworden sei. Das reicht für eine Benachteiligung der anderen Gläubiger. Dabei bleibt es. Selbst dann, wenn die Bank den Gesellschafter aus der Bürgschaft zum Zeitpunkt der Zahlung der Gesellschaft an die Bank – hier Mitte 2018 – wegen der eingetretenen Verjährung gar nicht mehr in Anspruch hätte nehmen können, die Bürgschaft aus Sicht der Bank also eigentlich gar nichts mehr wert war, besteht ein Anspruch des Insolvenzverwalters gegenüber dem Gesellschafter auf Erstattung, hier in Höhe von 30.000 €.

Eine Verjährung der Forderungen der Bank gegenüber dem Gesellschafter als Bürgen schützt diesen daher nicht vor einer Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter.     

Advosolve Fachanwaltskanzlei, 07.04.2022

Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe